Hufgeschwür
Allgemeines
Weitere Bezeichnungen: Hufabszess, Eitrige Huflederhautentzündung, Infektiöse Huflederhautentzündung
Ein Hufgeschwür ist die häufigste Lahmheitsursache unserer Pferde überhaupt. Es tritt bei Pferden jeden Alters und jeder Nutzungsart auf. Allerdings handelt es sich bei der Erkrankung nicht um ein „Geschwür“ im eigentlichen Sinne, sondern um eine Entzündung, die durch Bakterien verursacht wird und zu Eiterbildung und häufig zu Abszessen führt.
Wissenswertes über den Aufbau des Hufes finden Sie im Kapitel Huf.
Ursachen
Dabei gibt es minestens zweit verschiedene Ursachenansätze
Es ist sich hier die Wiessenschaft mit den “Praktikern” (Pferdebesitzer) nicht ganz einig.
1. Hier der eine Ansatzpunkt:
Bei einem Hufgeschwür dringen Bakterien in den Huf ein und vermehren sich im Bereich der Huflederhaut. Dabei führen sie zu einer Entzündung, bei der häufig grau-schwarzer Eiter gebildet wird.
Normalerweise stellt das Hufhorn eine wirksame Barriere gegenüber dem Eindringen von Bakterien dar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber diese Barriere geschwächt sein:
- Verletzung der Hornkapsel z.B. Durch Nageltritt, Vernagelung, Ballen- oder Kronsaumverletzungen wie einen Kronentritt
- aufgeweichtes Hufhorn
- sprödes und rissiges Hufhorn
- Lose Wand z.B. Bei Hufrehe oder flachen Hufen
- Hornspalt
- Hornkluft
Die Entzündung kann im gesamten Sohlen- und auch im Wandhornbereich vorkommen. Es entstehen kleine, eitergefüllte Hohlräume zwischen Hufhorn und Huflederhaut. Durch die Entzündungsvorgänge kann Hornmaterial aus der Hufwand eingeschmolzen werden. Die Abbauprodukte des Hornmaterials geben dem Eiter dann eine grau-schwarze Färbung. Die Entzündungsvorgänge und der Druck durch den Eiter auf die empfindliche Huflederhaut sind sehr schmerzhaft für das Pferd. Wenn ein Hufgeschwür nicht behandelt wird, sucht sich der Eiter normalerweise einen Weg nach außen und bricht nicht selten am Kron- oder Ballenrand durch.
In schweren Fällen bildet sich ein tiefes Hufgeschwür. Dieses greift weniger die Hornwand an, sondern die Entzündung dringt weiter in die tiefen Schichten der Huflederhaut vor. Auf diesem Weg kann auch das Hufbein erreicht werden und in seltenen Fällen sogar das Hufgelenk oder der Schleimbeutel zwischen Strahlbein und tiefer Beugesehne.
2. Das ist der andere Usachenansatzpunkt:
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass Hufgeschwüre oder Abszesse immer auf Grund einer Infektion entstehen. Es kommt zwar schon mal vor, dass sich das Pferd einen Fremdkörper eintritt, der anschließend heraus eitert. So etwas ist aber eher selten der Fall!
Oft haben Hufgeschwüre etwas mit unphysiologischen (krankhaften) Druck- und Durchblutungsverhältnissen im Huf zu tun! Wenn z.B. lange Zeit eine Zwangsituation bestand, die Eckstreben gedrückt haben oder der Huf beschlagen war, kann die Huflederhaut abgequetscht werden. Sie leidet unter mangelhafter Durchblutung und kann sogar in Teilbereichen absterben. Setzt die Blutzirkulation durch Ursachenbeseitigung (Rückformung des Hufes in die physiologische Form) wieder ein, beginnen die “Aufräumarbeiten”. Kleinere, tote Gewebestücke können vom Körper resorbiert werden, die größeren hingegen werden von Eiter umhüllt, aufgelöst und in Form eines Hufgeschwüres ausgeschieden.
Wenn die Eiterblase an Volumen zunimmt und auf die Lederhaut drückt, leidet das Pferd unter starken Schmerzen. Der kranke Huf wird oft überhaupt nicht mehr belastet. Das Pferd kann so stark lahmen, dass man glaubt, es habe sich das Bein gebrochen. Der Druck lässt das Hufgeschwür durch den Huf wandern, um eine geeignete Austrittsstelle zu finden. In der Regel ist das dort der Fall, wo zwei Hornarten aufeinander treffen, z.B. am Kronsaum, an der weißen Linie, in den Strahlfurchen, im Eckstrebenbereich oder am Ballen.
Leitsymptom
Starke Lahmheit
Symptome
Bei einem Hufgeschwür gehen die Pferde in der Regel von einem Tag auf den anderen deutlich lahm und entlasten das Bein, indem sie es vorstellen. Der erkrankte Huf ist häufig wärmer als der auf der anderen Seite. Manchmal schwillt auch das Bein etwas an.
Wenn das Hufgeschwür von alleine durchbricht, gehen die Pferde schlagartig kaum noch oder gar nicht mehr lahm. An der Durchbruchstelle, die an der Hufsohle, häufig aber auch am Kronrand liegen kann, erkennt man den gräulichen Eiter, der bei tief liegenden Hufgeschwüren auch gelblich sein kann.
Diagnose
Durch eine Untersuchung des erkrankten Hufes ist die Diagnose Hufgeschwür in den meisten Fällen gut zu stellen. Dabei achtet man auf folgende Dinge:
- Pulsation: Die Entzündung im Huf führt zu einer verstärkten Durchblutung, die man als pochende Pulsation der Zehenarterien im Bereich des Fesselkopfes fühlen kann.
- Vermehrte Wärme des Hufes
- Schmerzhaftigkeit auf Zangendruck: Mit einer Hufzange wird der Huf abgedrückt. Hat man den schmerzhaften Bereich entdeckt, zuckt das Pferd zurück.
- Nachschneiden: Im schmerzhaften Bereich wird das Hufhorn vorsichtig bis auf die Lederhaut abgetragen, um den Eiter gefüllten Hohlraum zu finden.
- Hufverband: In unklaren Fällen kann man für einige Tage einen feuchten Hufverband anlegen, um den Abszess zum Reifen zu bringen.
- Röntgen : Bei weiterhin unklarem Befund kann durch Röntgenbilder eine Hufbeinfraktur des Hufbeins oder Hufbeinastes oder ein Knochenbruchdes Strahlbeins ausgeschlossen werden.
Überprüfung der Pulsation. |
Im hinteren Bereich des Fesselkopfes kann man den pochenden Puls der Zehenarterien fühlen, wenn eine Entzündung im Huf besteht. |
Behandlung
Der wichtigste Behandlungsansatz lautet: Der Eiter muss abfließen können. Je nach Situation kann man folgendermaßen vorgehen:
- Abszessreifung fördern durch einen feuchten Hufverband für 2 – 3 Tage.
- Nachschneiden durch das Sohlenhorn und Eröffnen des Abszesses, um dem Eiter die Möglichkeit zum Abfluss zu geben.
- Frei liegende Huflederhaut wird desinfiziert.
- Bei der Eröffnung großräumiger Hohlräume wird das gesamte lose Hufhorn weggeschnitten. Die frei liegende Huflederhaut verhornt sehr schnell wieder.
- Ein Druckverband oder ein Deckeleisen schützen die frei liegende Huflederhaut. Durch den Druck bildet sich schnell wieder eine gleichmäßige Hornschicht aus.
- Antibiotikum bei Fieber.
Prognose
Eine deutliche Besserung der Lahmheit tritt meistens unmittelbar nach Eröffnen des reifen Abszesses ein. Innerhalb weniger Tage verschwindet meistens auch die Restlahmheit. Nach 3 – 4 Wochen ist mit vollständiger Verhornung der frei gelegten Huflederhaut zu rechnen und das Pferd wieder vollständig einsatzbereit.
Beim tiefen Hufgeschwür ist mit einer etwas längeren Heilungsdauer zu rechnen, weil in der Regel größere Huflederhautbereiche freigelegt werden müssen.
Wenn ein tiefes Hufgeschwür in das Hufgelenk oder den Schleimbeutel einbricht, ist die Prognose in der Regel sehr schlecht.
Vorbeugung
Gesunde Hufe, regelmäßige Hufpflege und Schmiedbesuche alle 6 – 8 Wochen können die Gefahr eines Hufgeschwürs mindern.
Tipps
Wenn Ihr Pferd keinen Hufverband mehr tragen muss, können Sie die freigelegte Huflederhaut weiterhin regelmäßig desinfizieren und z.B. mit einem Pfropf aus weichem Wachs abdecken (die roten Hüllen runder kleiner Käse eignen sich hierfür hervorragend), um die Stelle sauber zu halten, bis sie endgültig verhornt ist.
Reiten nach dem Hufabszess:
Je nach Behandlung ist es oft schon nach 1 – 2 Wochen wieder möglich, das Pferd zu reiten.
Bei Barhufbehandlung unbedinkt darauf achten, dass man nicht zu harte oder steinige Böden bereitet, da die Hornbildung einige Zeit in Anspruch nimmt.
Aber auch beim beschlagenen Pferd sollte man darauf aufpassen, dass die eröffnete Stelle des Hufabszesses sauber gehalten wird und nach dem Ritt kontrolliert wird.
Wenn das alles zur Anwendung kommt, ist eine baldige “Normalnutzung” wieder uneingeschränkt möglich.
Alles Gute
Dein Andreas Gruber
Westerntrainer & Syst. Tierkommunikator