Um die Diskussionen zu verstehen, ist es von Vorteil mit den Begriffen vertraut zu sein. Bei der Erklärung der Begriffe wird schon deutlich, was Hyperflexion anrichtet.
Woran erkenne ich Hyperflexion?
In den Diskussionen wird immer wieder von einer vertikalen Linie gesprochen, an der man unter anderem Hyperflexion festmachen kann. Die vertikale Linie beurteilen und erkennen zu können, ist also ein wesentlicher Teil, um eine Hyperflexion zu erkennen.
Die vertikale Linie
Die vertikale Linie ist nicht die Linie, die durch die Mitte des Pferdekopfes senkrecht verläuft. Mit dieser Linie ist auch nicht die Linie bei der unteren Kieferpartie gemeint.
Die vertikale Linie wird von der Stirn des Pferdes zum Boden gezogen. Die Nase sollte dabei auf oder vor der Linie sein. Das Profil der Nase soll vor der Stirn liegen, wie eine steile Skipiste, nicht dahinter wie bei einem Überhang!
Als Referenz können auch das Auge oder das Nasenloch dienen. Immer, wenn die Nasenflügel auf der vertikalen Linie vor den Augen liegen, ist der Kopf des Pferdes „in der Vertikalen“.
In dieser Position wird die Nackenmuskulatur minimal beansprucht.
Tief eingestellt sein
Wichtig für die Bestimmung einer Position (ob ein Pferd z. B. „tief eingestellt“ ist) ist der Punkt hinter den Ohren – das Genick. Das Genick stellt nicht die höchste Stelle des Pferdekopfes dar, sondern liegt ein wenig dahinter. Dort setzen die Muskeln an, die für die Biegung des Halses wichtig sind.
Wenn man sich eine wagerechte Linie vom Widerrist ausgehend vorstellt und der höchste Punkt des Pferdekopfes sich unter dieser Linie befindet, spricht man von „tief eingestellt sein“. Das ist noch nicht unangenehm für ein Pferd, dass den Kopf zum Trinken ja auch senken muss.
Unangenehm und vor allem schädlich wird es dann, wenn man den Kopf an die Brust zieht. Der Kopf nimmt die Position hinter der vertikalen Linie ein. Ein Überhang entsteht. Das Pferd „beißt“ sich in die Brust.
Rund, Aufgerollter Hals, …
Von einem aufgerollten Hals spricht man, wenn der Hals des Pferdes einen Bogen beschreibt. Der höchste Punkt des PFerdes ist dann nicht hinter den Ohren sondern ziemlich in der Mitte bis unteren Hälfte des Halses.
Das Nackenband ist der Muskel, der direkt unter der Mähne vom Hinterkopf des Pferdes (oberhalb, hinter den Ohren) bis zum Beginn des Rückens verläuft. Durch den aufgerollten Hals liegt das Nackenband auf den Halswirbeln auf. Zudem wird es sehr stark gedehnt. Das tut sehr weh und führt zu Ablagerungen. Diese sind ein typisches Zeichen.
Durch den enorm spitzen Winkel, der in der unteren Halspartie entsteht, bekommt das Pferd nur schlecht Luft, weil auch die Luftröhre einen ähnlichen Knick beschreibt.
Die Folgen
- Die Luftröhre verengt sich und behindert die Atmung des Pferdes.
- Das Herz muss schneller schlagen, um mehr Luft zu befördern.
- Die Nackenmuskulatur wird extrem gedehnt und somit enorm belastet. Das sorgt für den runden Hals, den die Zuschauer immer so „hübsch“ finden.
- Das Pferd kann nicht mehr richtig sehen.
Der Trick mit dem Sichtfeld
Immer wieder musste ich in zahlreichen Beiträgen und Gesprächen feststellen, dass Befürworter der Hyperflexion eine Tatsache gern verdrehen. Wenn man sie mit der Tatsache konfrontiert, dass Pferde durch die Hyperflexion nicht richtig sehen können, sagen sie gern, dass das nicht stimmt. Pferde haben ein größeres Sichtfeld als Menschen und nur weil ihr Kopf niedriger gehalten wird, schränkt das ihr Sichtfeld nicht wirklich ein.
Das stimmt auch. Aber darum geht es nicht. Denn eigentlich ist gemeint, dass die Pferde durch die mangelnde Durchblutung und die Überdehnung der Muskulatur die Pferde nur noch verschwommen sehen können.
Ein Vergleich
Um nachzuvollziehen, wie es den Pferden geht, macht doch mal Sport während ihr euer Kinn auf die Brust presst. Wie geht es euch dabei? Wie fühlt ihr euch? Könntet ihr so Leistungssport betreiben? Nein? Aber von den Pferden wird eben das verlangt!
Glücklicher Sportler
Sieht so ein glücklicher Sportler aus? Glaubt wirklich irgend jemand, dieses Pferd hat Spaß am Sport?
Also denkt bitte darüber nach, wenn ihr das nächste Mal zur Hyperflexion greifen wollt.
„Es ist keine Schande hinzufallen – es ist eine Schande liegen zu bleiben.“ In diesem Sinne: Ändert etwas! Es geht auch ohne Hyperflexion. Ein Pferd kann lernen den Kopf tiefer zu nehmen – in einer natürlichen Art, die dem Pferd nicht wehtut. Und es ist weniger aufwendig und anstrengend für euch.
Wenn Ihr diese Technik erlernen wollt, wendet euch an einen Trainer, der die sanfte Reitweise lehrt.