In Teil 3 der Serie über Rollkur befassen wir uns mit LDR. Was ist LDR und was ist der Unterschied zur Rollkur?
Anfang des Jahres 2010 kam es zu einer neuerlichen Sitzung der FEI. Im Rahmen dieser Sitzung wurde vom deutschen Tierarzt Dr. Gerd Heuschmann eine Petition gegen die Rollkur mit über 40.000 Unterschriften an die FEI-Präsidentin übergeben. Die Rollkur wurde sportrechtlich bewertet.
Die FEI kam zu dem Entschluss, dass Rollkur für überdehnte Halspositionen steht, in die das Pferd durch Krafteinwirkung und Aggressionen des Reiters gezwungen wird. Diese Form der Reiterei sei nun fortan zu sanktionieren.
Es wurde der Begriff LDR durch die FEI eingeführt. LDR (Low, deep and round) geht auf den niederländischen Nationaltrainer Sjef Janssen zurück. LDR beschreibt die kurzzeitige Hyperflexion ohne Kraftaufwand oder aggressivem Einwirken durch den Reiter. Dem Pferd wird sozusagen beigebracht, den Kopf auf ein Zeichen tiefer zu nehmen und enger anzulegen, aber in einem Maße, den das Pferd selbst bestimmen kann – ihm also angenehmer ist.
Damit sah die FEI ihre Arbeit für getan.
Beleuchten der Argumente für LDR eines Nationaltrainers
Trainer wie Sjef Janssen verteidigen die Hyperflexion gern mit dem Argument, dass es schon früher so gehandhabt wurde. – Dass vor hunderten von Jahren einige inzwischen harmlose Krankheiten Todesurteile für den Menschen bedeuteten, weil der Mensch noch nicht weit genug war, sie heilen zu können, müsste der niederländische Dressur-Nationaltrainer dann genauso befürworten. Solche Argumentationen gegen den Fortschritt sind scheinheilig, wenn man andererseits auch Handys benutzt und froh über den Fortschritt der Medizin ist.
Ein weiteres Argument Sjef Janssens ist: „alle anderen Reiter machen es ja auch so“. Das ist kein starkes Argument. Es beweist nur, wie integer dieser Mensch ist.
Aber diese Argumente bringen viele Befürworter der LDR vor.
LDR und Kontrolle
Wenigstens auf offiziellen Veranstaltungen wurde die Rollkur unterbunden: Die Anwendung von LDR von bis zu 10 Minuten auf dem Abreiteplatz ist jetzt gemäß FEI-Reglement offiziell gestattet. Die Rollkur ist dagegen bei internationalen Wettbewerben auf dem Abreiteplatz verboten.
Dr. Andras Fransky, vom Arbeitskreis Pferde der TVT, spricht das bestehende Problem offen an: Warum ist LDR nur für 10 Minuten „gesund“ für das Pferd? Und wie soll das kontrolliert werden?
Dokumentationen wie „Du armes Pferd – Geliebt. Gequält. Gedemütigt.“ beweisen, dass das Überziehen der Zeit für LDR einfach besser versteckt wird. Die neue Methode funktioniert u.a. so:
Pferde werden auf öffentlich zugänglichen Abreiteplätzen kaum noch mit LDR geritten. Die Öffentlichkeit sieht nur noch vorbildlich gerittene Pferde. Das Problem hat sich scheinbar aufgelöst. – Will ein Reiter nun LDR anwenden, wechselt er auf einen nicht öffentlich zugänglichen Abreiteplatz. Dort kann er nun LDR anwenden.
Aufpasser sollen eigentlich die Einhaltung der Zeit kontrollieren. Aber 1. kann ein Mann nicht 10-12 Pferde auf einmal kontrollieren und 2. sehen sich viele dieser Aufpasser auch nicht als Schutzbeauftragter der Pferde, sondern lieber als Organisator, der darauf zu achten hat, dass keine Stolperfallen wie z. B. Kabel entstehen, Pferdewege freigehalten werden oder Gefahrenquellen wie beispielsweise Glasflaschen nicht herumliegen.
Schönfärberei
LDR ist Hyperflexion. Nur in einer kürzeren Zeitspanne, die niemand überwacht und ohne aggressives Einwirken des Reiters, was auch nur wenig kontrolliert wird.
Auch Barren ist seit Jahren verboten und wird doch noch immer angewandt. Nur heißt es inzwischen anders. Auch Ellmar Pollmann-Schweckhorst, Züchter von Turnierpferden, gibt nur ungern in einem Interview für „Du armes Pferd – Geliebt. Gequält. Gedemütigt.“ zu, dass er keinen rechten Unterschied zwischen Touchieren (was von der FN genehmigt wurde) und Barren sieht. Seiner und auch der Ansicht vieler anderer nach, handelt es sich hier nur um Schönfärberei.
Zudem ergibt sich durch die Formulierung eine neue Hintertür: Für 10 Minuten darf LDR geritten werden, danach muss dem Pferd erlaubt werden, den Kopf wieder in eine angenehme Position zu nehmen. Und danach? Und wer soll das kontrollieren?
LDR wieder unbegrenzt erlaubt?
Es kursierte kurzzeitig auch das Gerücht im Netz, dass die FEI die zeitliche Begrenzung still und heimlich wieder aufgehoben habe. Dressur-Studien.de schrieb am 20. Juli 2010, dass ein Stewart auf der CHIO in Aachen das dem Magazin gegenüber geäußert habe. Die FEI bezog dazu Stellung und erklärte, dass die 10-minütige Anwendung von LDR keineswegs entschärft worden sei. Generell habe gegolten: Sowohl das Verteilen von gelben und roten Karten als auch das Anwenden der Zehn-Minuten-Regel habe in Aachen nur in direkter Rücksprache mit dem Steward General Dressage, Jacques van Daele, erfolgen sollen.
Fakt ist:
- Die Regel gilt nach wie vor.
- Auf der CHIO 2010 in Aachen wurden die zehn Minuten überschritten, aber kein Steward hat etwas unternommen.
- Generell wurde weniger Rollkur auf der CHIO 2010 in Aachen gezeigt oder einfach nur besser versteckt.
(Weitere Informationen auf http://www.dressur-studien.de/index.php/rund-um-die-rollkur.html)
Ansätze finden
Welche Ansätze könnte man finden, um das Leben für die Pferde zu erleichtern und auf Hyperflexion zu verzichten?
- LDR verbieten. Wenn Rollkur nach 10 Minuten schädlich ist, warum dann nicht auch schon vorher. Warum LDR nicht ganz verbieten?
- Ein Ansatz könnte die Kontrolle sein. Solange die Menschen nicht von allein umdenken, sollten sie dazu gezwungen werden. Ich kann Jens Adolphsen, Sportjurist, nur beipflichten. Solange das Umdenken noch nicht ausreichend statt gefunden hat, gehörte auch eine Trainingskontrolle eingeführt. Illegale Trainingsmethoden könnten somit kontrolliert werden.
- Die berühmten Reiter und Trainer sollten ihre Vorbildfunktionen wieder ernst nehmen und sich dieser bewusst werden. Andere Reiter schauen zu ihnen auf. Wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, werden auch andere Reiter sich an ihnen orientieren und diese Konditionen ablehnen.
- Die Hyperflexion verurteilen, sowohl gesetzlich als auch gesellschaftlich. Wenn sie verpönt ist, werden Trainer, die diese Trainingsmethode anwenden keine Arbeit mehr finden und nur wenige Reiter werden sich gegen die Masse auflehnen, wenn diese sie ausbuhen.
- Aufklärung leisten! Ganz wichtig ist, dass schon früh begonnen wird, der neuen Generation beizubringen, was Hyperflexion bei Pferden anrichtet. Nur so werden künftige Generationen nicht auf Trainer hereinfallen, die ihnen etwas anderes anderes beibringen wollen.
- Die eigene Verantwortung nicht von sich weisen – sondern dieser bewusst sein. Jeder kann etwas bewegen! Wenn man immer nur darauf wartet, dass jemand anders anfängt, wird sich nie etwas ändern. Man kann zum Beispiel Unterschriften sammeln oder wenigstens seine eigene Unterschrift leisten.
Quellen: Wikipedia/Rollkur (Pferdesport), Du armes Pferd – Geliebt. Gequält. Gedemütigt. http://www.dressur-studien.de/index.php/rund-um-die-rollkur.html